Bundespräsident Parmelin betonte in diesem Zusammenhang: «Wir dürfen niemals unsere Trümpfe aus der Hand geben, die unsere Stärken ausmachen, namentlich in der Ausbildung, Arbeit, Innovation und in der internationalen Präsenz.»

Ausgabe 07 | 2021

Freihandel – Motor für Wohlstand und Nachhaltigkeit

Swissmem, Industrie 2025

Es braucht eine Renaissance des Freihandels. Das ist für die Schweiz entscheidend, denn sie verdient jeden zweiten Franken im Ausland. Mit einer Ausfuhrquote von 80 Prozent ist die Bedeutung des Exportgeschäftes für die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie noch viel ausgeprägter als in vielen anderen Branchen. Der Heimmarkt ist schlicht zu klein, um den Fortbestand der Industriebetriebe mit ihren rund 313’000 Arbeitsplätze zu sichern.

Am 14. Swissmem Industrietag in Lugano diskutierten Persönlichkeiten – darunter Bundespräsident Guy Parmelin, Sigmar Gabriel, Philipp Hildebrand und Swissmem-Präsident Martin Hirzel – die Zusammenhänge zwischen Freihandel, Wohlstand und Nachhaltigkeit.
Der Abbau von Handelsbarrieren nach dem Zweiten Weltkrieg sowie der Aufbau globaler Wertschöpfungsketten seit 1990 erhöhte das globale Wohlstandsniveau und verringerte weltweit die absolute Armut massiv. Aktuell stellen Handelskonflikte und Protektionismus diese Errungenschaften wieder in Frage. Zudem steht die Staatengemeinschaft mit dem Klimawandel vor einer enormen Herausforderung. Beim Klimawandel positioniert sich die Schweizer MEM-Industrie als Lösungsanbieterin. Sie entwickelt Technologien, die ein klimafreundliches Wirtschaften oft überhaupt erst möglich machen. Mit dem Export innovativer Technologien kann die Schweizer Industrie weltweit eine erhebliche Hebelwirkung bei der Reduktion des CO2-Ausstosses erzielen. Mit ihren Tochterfirmen schafft sie weltweit Arbeitsplätze. Das alles ist aber nur mit möglichst hindernisfreiem Zugang zu den Weltmärkten möglich.
Mehr als 500 Personen aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Forschung nahmen daran teil. Der Industrietag war eine vom Kanton Tessin bewilligte Pilotveranstaltung für Grossanlässe. Swissmem erarbeitete für diesen Event ein umfassendes Schutzkonzept. Zugelassen waren nur geimpfte und getestete Personen.

Warum das Thema Freihandel?
Neben Bundespräsident Guy Parmelin äusserten sich Philipp Hildebrand (Vice Chairman BlackRock), Sigmar Gabriel (Bundesaussenminister a.D. der Bundesrepublik Deutschland) und Swissmem-Präsident Martin Hirzel zu den Zusammenhängen zwischen Freihandel, Wohlstand und Nachhaltigkeit. Zudem erläuterten Walter Sayer (General Manager Mikron SA Agno) und Christiane Leister (Inhaberin und VRP Leister Gruppe) die Bedeutung von Freihandelsverträgen für ihre Unternehmen.
Nach dem zweiten Weltkrieg bauten immer mehr Staaten ihre Handelsbarrieren ab. Das erleichterte es den Unternehmen, ihre Wertschöpfungsketten über die nationalen Grenzen hinaus auszudehnen. Produktivität und Einkommen stiegen in der Folge massiv. Davon haben nicht nur die Industrieländer, sondern vor allem auch die Schwellenländer profitiert. Das bestätigt der «World Development Report» der Weltbank von 2020. Die absolute Armut hat sich dadurch seit 1990 weltweit um zwei Drittel reduziert. Leider hat sich diese positive Dynamik in den letzten Jahren verlangsamt. Protektionismus sowie Populismus führten zu Handelskonflikten und beeinträchtigten den Welthandel. Das stellt gerade in Schwellenländer die Wohlstandsgewinne der letzten Jahrzehnte wieder in Frage. Swissmem-Präsident Martin Hirzel sagt deshalb: «Es braucht eine Renaissance des Freihandels.»

Bedeutung des Freihandels für die Schweiz und die MEM-Industrie
Die Schweiz gehört als kleine, offene Volkswirtschaft zu den grössten Nutzniessern von Freihandel und Globalisierung. Heute verdient sie jeden zweiten Franken im Ausland. Bundespräsident Parmelin betonte in diesem Zusammenhang: «Wir dürfen niemals unsere Trümpfe aus der Hand geben, die unsere Stärken ausmachen, namentlich in der Ausbildung, Arbeit, Innovation und in der internationalen Präsenz.»
Für die Schweizer MEM-Industrie ist die Bedeutung des Aussenhandels noch viel ausgeprägter. Sie exportiert rund 80 Prozent ihrer Güter und Dienstleistungen. Der einzige Weg, um den Werkplatz Schweiz und seine Arbeitsplätze zu erhalten, ist konstanter Erfolg auf den Weltmärkten. Dafür braucht es einen guten Zugang zu den globalen Absatz- und Beschaffungsmärkten. Voraussetzung dafür ist Freihandel.
Eine wichtige Stütze bilden Freihandelsabkommen (FHA). Eine Studie von BAK Economics belegt den Nutzen von FHA: Die Schweizer MEM-Exporte sind in den vier Jahren nach Inkrafttreten von FHA kumuliert um 19 Prozent angestiegen. Dabei ist das Potenzial für FHA noch lange nicht ausgeschöpft. Bundespräsident Parmelin sagte: «Es ist unsere Pflicht, immer nach kreativen Lösungen zu suchen, die zeigen, dass die von uns abgeschlossenen Freihandelsabkommen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen, sowohl in der Schweiz als auch bei unseren ausländischen Partnern.» Die grössten Vorteile versprechen die Märkte in Südostasien, Indien und den USA. «Es braucht einen Sondereffort des Bundes, damit neue Vertragsabschlüsse baldmöglichst in Reichweite kommen», fordert Martin Hirzel. Ergänzend betont der Swissmem-Präsident: «Ich bedauere das Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU sehr. Nun droht sich der Zugang zum EU-Binnenmarkt schleichend zu verschlechtern. Unmittelbar ist eine Negativspirale im Verhältnis zur EU zu verhindern. Mittelfristig braucht es neue Lösungen zur Sicherung des Bilateralen Wegs.»

Freihandel, Nachhaltigkeit und die MEM-Industrie
Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine zentrale Herausforderung der nächsten Jahrzehnte. Dafür muss der CO2-Ausstoss weltweit massiv reduziert werden. Der Weg zum Ziel führt nicht über Verzicht und damit Wohlstandverlusten in allen Ländern, sondern über neue, klimafreundliche Technologien. Die Schweizer MEM-Industrie produziert nicht nur immer energieeffizientere und ressourcenschonendere Fertigungstechnologien. Sie entwickelt zudem, Lösungen für die Wasserstoff- und E-Mobilität, Technologien für die Produktion von erneuerbaren Energien, energieeffiziente Gebäudetechnik, CO2-Abscheidmethoden sowie klimafreundliche Produkte für den täglichen Bedarf. Mit diesem Produktemix bietet die Schweizer Industrie einen enormen Hebel für weniger CO2-Ausstosses. Mit dem Export dieser klimafreundlichen Technologien kann die Schweizer Industrie weltweit einen substanziellen Beitrag zur Verringerung des CO2-Ausstosses leisten. Dank Freihandelsabkommen können die Kunden im Ausland diese Spitzentechnologie zollbefreit importieren. Es ist also auch aus ökologischer Perspektive sehr wichtig, dass die Weltmärkte für die Industrie offen bleiben.Der Freihandel stützt somit auch die globalen Klimaziele. Swissmem-Präsident Martin Hirzel ist überzeugt: «Innovationen aus der Industrie schaffen ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungsperspektiven. Freihandel eliminiert dabei unnötige Hürden. Auf diesem Weg können wir den Klimawandel bekämpfen sowie gleichzeitig global die Ziele bei der Armutsbekämpfung und der Förderung des weltweiten Wohlstandes weiterverfolgen.»

Rundum gelungener Industrietag
In Erinnerung bleiben hochkarätige Referate, die Freude über persönliche Begegnungen und die gute Stimmung, die den Anlass durchgehend geprägt hat.Swissmem-Präsident Martin Hirzel war es ein grosses Anliegen, nach zwei Jahren den Industrietag wieder als Präsenzveranstaltung abhalten zu können. In Interviews und einer Podiumsdiskussion erhielten auch die Sichtweisen und Erfahrungen der Unternehmerinnen und Unternehmer der MEM-Industrie Raum. Bei allen spürbar war die Tatkraft und Bereitschaft, die anstehenden Herausforderungen anzupacken und auch mit der Politik gemeinsam Lösungen zu finden.Videos geben einen Einblick in die inhaltlichen Highlights und lassen Referenten, Gäste sowie Mitarbeitende zu Wort kommen: www.swissmem.ch/de/aktuelles/detailansicht/rundum-gelungener-14-swissmem-industrietag-in-lugano.html.
Der 15. Swissmem Industrietag findet am Donnerstag, 23. Juni in der Samsung Hall, Dübendorf statt.

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Bundesrat muss Binnenmarktzugang sichern und Reformen angehen

Swissmem ist enttäuscht über den Entscheid des Bundesrates, die Verhandlungen über das Rahmenabkommen zu beenden. Mit dem Verhandlungsabbruch wird keines der bestehenden Probleme mit der EU gelöst. Stattdessen gefährdet dieser Schritt mittelfristig den bisher vom Volk mehrfach bestätigten und erfolgreichen bilateralen Weg der Schweiz. Die Schweizer Industrie ist zwingend auf einen möglichst hindernisfreien Zugang zum Europäischen Binnenmarkt und auf stabile Beziehungen zur EU angewiesen. Swissmem fordert den Bundesrat deshalb auf, die negative Wirkung seines Entscheids durch Reformen im Inland zu mildern und dazu auch mit der EU sowie den Mitgliedstaaten im engen Gespräch zu bleiben.
Swissmem steht dem vorliegenden Rahmenabkommen grundsätzlich positiv gegenüber. Es versprach, den bilateralen Weg zu sichern und die Beziehung zur EU zu stabilisieren. Für die Unternehmen der MEM-Industrie ist der hindernisfreie Zugang zum Europäischen Binnenmarkt essentiell, denn sie exportieren 80 Prozent ihrer Produkte ins Ausland, davon zirka 55 Prozent in die EU. Mehr noch: die Industrie ist ebenso auf Grenzgänger angewiesen wie auf die Resultate der europäischen Forschungszusammenarbeit. Vom bilateralen Weg hängen in der Schweiz tausende von hochwertigen Arbeitsplätzen ab. Zudem ist das Rahmenabkommen Voraussetzung für den Abschluss neuer Vertragswerke. Für die Versorgungssicherheit mit Strom und den steigenden Strombedarf wegen des Klimawandels wäre insbesondere ein Stromabkommen notwendig und dringlich – nicht nur für die Industrie.

Nichts tun ist keine Option – Bundesrat muss rasch handeln
Der MEM-Industrie drohen in zwei bis drei Jahren ähnliche Probleme mit der Aktualisierung der Maschinenrichtlinie. Auch beim EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» kann sich die Schweiz nicht mehr im bisherigen Ausmass beteiligen. Das verringert die Attraktivität hiesiger Universitäten, womit der Zugang hiesiger Firmen zu Talenten und Forschung erschwert wird. Mittelfristig droht diese Erosion des bilateralen Wegs zu Wohlstandsverlusten für die gesamte Schweizer Bevölkerung zu führen.
Swissmem fordert den Bundesrat deshalb auf, rasch die negativen Folgen seines Entscheids durch interne Reformen und eine diplomatische Offensive gegenüber der EU und deren Mitgliedstaaten zu mildern.

Im Vordergrund stehen folgende drei Pfeiler
Erstens soll die Schweiz autonom die flankierenden Massnahmen anpassen: Sie waren Ausgangspunkt für die EU-Forderung nach einem Streitschlichtungsmechanismus. Berichte des Bundes von 2016 zeigen, dass zum Beispiel mit IT-Reformen der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessert und die Voranmeldefrist verkürzt werden kann. Zusammen mit der Deblockierung der Kohäsionszahlungen besteht so die Chance, dass die EU im gegenseitigen Interesse bei der Forschungszusammenarbeit und der Aufdatierung der MRA pragmatische Lösungen zulässt.
Zweitens hat die Schweizer Diplomatie gegenüber der EU sowie den Mitgliedstaaten die Position der Schweiz zu erläutern und den Schaden zu verringern, um möglichst bald mit der EU Diskussionen über die Sicherung des bilateralen Wegs weiterzuführen.
Drittens hat der Bundesrat rasch ein internes Reformprogramm zur Sicherung der Arbeitsplätze am Standort Schweiz vorzuschlagen. Dazu braucht es weltweit vermehrte Freihandelsabkommen sowie administrative Entlastungen in Inland – beim «Ease of Doing Business»-Indikator der Weltbank ist die Schweiz von 2015 bis 2020 von Platz 20 auf Platz 36 zurückgefallen.

April

Ceramitec, München

Internationale Leitmesse für die Keramikindustrie
9. bis 12. April
www.ceramitec.com

wire, Düsseldorf

Internationale Fachmesse für Draht und Kabel
15. bis 19. April
www.wire.de

Tube, Düsseldorf

Internationale Rohr-Fachmesse
15. bis 19. April
www.tube.de

Siams, Moutier

Der Treffpunkt der Mikrotechniken. Fachmesse für Automation, Werkzeugmaschinen und Zulieferung
16. bis 19. April
www.siams.ch

HANNOVER MESSE, Hannover

Weltleitmesse der Industrie mit dem Leitthema «Energizing a Sustainable Industry»
22. bis 26. April
www.hannovermesse.de