Für KI erheben und analysieren die Experten zahlreiche Daten. Sie sinnvoll einzusetzen ist eine Kunst, sagen Jens Ottnad und der technische Kundenberater Philip Hofmaier.

Ausgabe 11 | 2022

Kombination Mensch und Maschine

TRUMPF Schweiz AG

Was, wenn unsere Maschinen lernfähig wären? Wenn sie selbstständig Fehler erkennen und künftig vermeiden könnten, wenn sie eigenständig Abläufe optimierten und dadurch noch schneller und effizienter produzierten? Bei TRUMPF sind die ersten Lösungen auf Basis solcher künstlichen Intelligenz (KI) bereits am Start – und bringen den Kunden enorme Erleichterungen. Ingenieur Jens Ottnad und sein Team Data & AI treiben das Thema voran. Sie sind selbst neugierig darauf, was noch alles möglich ist.

Da steht sie, die intelligente TruLaser Center 7030 – die erste TRUMPF Maschine überhaupt, die alle Prozesse des Laserschneidens vom Rohblech bis zum fertig gestapelten Teil vereint. Sensoren prüfen unter anderem, ob die Maschine die fertig geschnittenen Bauteile mithilfe von Pins optimal aus dem Restblech hebt und ihre Sauger die Teile zum Sortieren korrekt weitertransportieren. Klappt das nicht, versucht die Maschine es erneut – und lernt dabei, weil die Daten sowohl der missglückten als auch der erfolgreichen Versuche gesammelt und verarbeitet werden.

Daten – das Gold der KI
Klingt einfach, ist aber eine riesige Herausforderung, sagt Jens Ottnad. «Ein unkompliziertes Teil muss die Maschine auf jeden Fall können. Auch unser Vorhersagemodell sagt, es wird klappen. Und dann klappt es nicht und man steht da wie der Ochs vorm Berg und fragt sich: Was ist denn jetzt los?» In solchen Situationen ist es weiterhin der Mensch, der anhand seiner Erfahrung und der gesammelten Daten auf die Lösung kommt. «Der Mensch kennt das Zusammenspiel der vielen Faktoren im Hintergrund. Deshalb wird KI auch noch lange eine Kombination aus Daten und menschlicher Erfahrung sein», sagt Jens Ottnad.
Mit jedem Lernerfolg der Maschine wächst der Respekt der Ingenieure vor den Herausforderungen der Kunden. «Was sie täglich lösen, ist unfassbar komplex. Es werden tausende Geometrien geschnitten, mit unzähligen Schneideparametern, unterschied-lichem Material und unter wechselnden Bedingungen», erklärt Jens Ottnad. Die Daten, die dabei entstehen, gilt es zu sammeln, sinnvoll zu organisieren und anschliessend skalierbar umzusetzen. «Das ist die Kunst bei KI.»
Wie Goldschürfer kommen er und seine Kolleginnen und Kollegen sich dabei manchmal vor, sagt Jens Ottnad und fragt: «Wie nennt man unstrukturierte Daten in einem Wort? Schrott!» Die Qualität der Daten ist für den Fortschritt der Maschine entscheidend – und ihre Erhebung gleichzeitig ein Problem. «Google und Facebook haben keine Schwierigkeiten, Daten zu sammeln – dort ist der Mauszeiger des Users der Sensor.» Für TRUMPF hingegen gibt es diesen Mauszeiger nicht. «Wir werden nie Big Data haben. Denn im Vergleich zu den vielen Smartphones auf der Welt gibt es nur wenige TruLaser.»

Hightech vs. Papier
TRUMPF ist deshalb bei der Entwicklung der KI neben internen Daten auch auf Daten der Kunden angewiesen. «Nützliche KI-Lösungen sind definitiv eine Gemeinschaftsleistung», sagt KI-Experte Jens Ottnad. «Die Aufgabe, eine Millionen Wenn-Dann-Bedingungen aufzustellen, überfordert auch die schlausten Köpfe.» Stattdessen fliessen die Parameter der Kunden in den Lernprozess der Maschine ein. Natürlich nur, wenn der Kunde damit einverstanden ist, und gemäss aller Datenschutzvorschriften, betont Jens Ottnad. «Da müssen wir zum Teil Überzeugungsarbeiten leisten, weil der Gewinn dieser Dateninvestition nicht jedem gleich ersichtlich ist.»
In jedem Fall geht es nicht darum, den Menschen zu überwachen oder mit den Daten zu handeln, um Geld zu verdienen. «Wir betreiben KI nicht um der KI-Willen, sondern um unsere Kunden glücklich zu machen», erklärt Jens Ottnad. Denn: «Das eigent-liche Schneiden geht immer schneller. Es ist mittlerweile eher das Drumherum wie zum Beispiel das Sortieren, das die Geschwindigkeit bremst.»
Stichwort Sortieren: Der TRUMPF Sorting Guide zeigt, wie hilfreich KI in der Produktion sein kann und wie sehr die Peripherie die Maschine sonst ausbremst. «Wenn man bei Kunden vor Ort ist, sieht man häufig, wie vorne die Hochleistungsmaschine schneidet – und hinten die Teile von Hand in eine Plastikbox sortiert und jeweils mit dem passenden DIN-A4-Infozettel markiert werden!», berichtet Jens Ottnad sichtlich fassungslos. «Hier geht es um komplexe, intralogistische Prozesse, und alles, was wir zu bieten haben, ist Papier?!»

Weniger Zeit, Material, Fehler
Nicht mit dem Sorting Guide: Er hilft dem Mitarbeiter beim Entnehmen und Sortieren der Blechteile. Möglich macht es KI-gestützte Bildverarbeitung. Eine Kamera identifiziert die Teile und liefert dem Mitarbeiter auf einem Bildschirm alle relevanten Informationen auf einen Blick – samt der Empfehlung, wie am besten absortiert wird. Diese Empfehlung ist aber ein Muss, der Mensch entscheidet selbst und der Sorting Guide passt sich an. Und last, but not least merkt sich die Maschine die Teile und meldet sie an die Fertigungssoftware TruTops Fab. Resultat: viel Zeit und Material gespart, viele Fehlerquellen umschifft.
Viele kennen die Handy-App «Shazam», die nach nur wenigen Takten einen Musiktitel und seinen Interpreten anzeigt. Oder auch Blumenerkennungs-Apps wie «PictureThis», die anhand eines beliebigen Blumen-Fotos so gut wie jede noch so seltene Pflanze benennen können. Tolle Sache, aber zuvor muss jeder Musiktitel, jede Pflanze unter allen Sound- oder Lichtbedingungen erkennbar sein. Das gilt auch für die Service-App von TRUMPF, die die Ersatzteilbestellung mithilfe von KI superschnell und einfach gestaltet. Basis für die Erkennung der Bauteile ist ein künstliches neuronales Netz, das TRUMPF mit immer neuen Fotos der Bestellartikel trainiert. Anhand der Daten entwickelt die KI Algorithmen, um die Objekte zu erkennen. Der Mitarbeiter muss nur noch ein Foto des Teils machen und bestellt innerhalb von Sekunden nach.

Was einfach klingt, ist «die Hölle»
«Die Bildverarbeitung so zu bauen, dass sie mit jedwedem Lichteinfall, jeder Struktur, jedem Blickwinkel zurechtkommt, ist die Hölle», sagt Jens Ottnad. Auf seinem Rechner zeigt er ein Beispiel, das die Kamera des Sorting Guides aufgenommen hat: «Handelt es sich um ein Blech oder um ein fertiges Teil? Oder ist das nicht vielmehr das Stahldach der Werkhalle?», fragt er und liefert die Auflösung: Es ist tatsächlich das Hallendach.
Wer sich wie Jens Ottnad täglich mit künstlicher Intelligenz beschäftigt, lernt Demut vor den Fähigkeiten des Menschen. Jens Ottnad war früher Turner. Er weiss, dass es ganz, ganz gross ist, wenn heute erstmals ein Roboter in einem beliebigen Umfeld einen Salto mitsamt all der involvierten, höchst komplexen Abläufe vollführt. Das macht für ihn auch die Faszination und das gewaltige Potenzial von KI aus: «Ich glaube, wir sind noch am Anfang, obwohl ich nicht einmal weiss, wo es hingeht», sagt er. Und sieht dabei kein Stück unglücklich aus.

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April

HANNOVER MESSE, Hannover

Weltleitmesse der Industrie mit dem Leitthema «Energizing a Sustainable Industry»
22. bis 26. April
www.hannovermesse.de

Intertool, Wels

Österreichs Fachmesse für Fertigungstechnik
23. bis 26. April
www.intertool.at

Schweissen, Wels

Österreichs Fachmesse für Füge-, Trenn- und Beschichtungstechnik
23. bis 26. April
www.schweissen.at

Mai

KUTENO, Rheda-Wiedenbrück

Kunststofftechnik Nord
14. bis 16. Mai
www.kuteno.de

Optatec, Frankfurt

Internationale Fachmesse für optische Technologien, Komponenten und Systeme
14. bis 16. Mai
www.optatec-messe.de