Digitaler Retrofit erhöht die Produktqualität und senkt die Ausschussquoten bei der Metallbearbeitung.

Ausgabe 12 | 2022

Günstige und nachhaltige Modernisierung bestehender Anlagen

LeanBI

Die Digitalisierung von Produktionsstrassen und Prozessketten stellt die dafür Verantwortlichen vor grosse Herausforderungen. Sie sollen ihre Maschinen- und Anlagenparks effizient modernisieren – und das ohne Ausfallzeiten. Digitaler Retrofit löst dieses Problem durch die Um- und Nachrüstung von Legacy-Systemen im laufenden Betrieb.

Um die grössten Vorteile von digitalem Retrofit gleich am Anfang zu verraten: auf Machine Learning basierenden Services erkennen anhand der antrainierten Daten selbstständig Unregelmässigkeiten und Anomalien wie zum Beispiel Abnutzungen, Verschleiss, Geräuschbildung, Verbiegungen, Kratzer, Flecken, Risse, Farb- und Oberflächenfehler. Die künstliche Intelligent findet damit auch die Ursachen für neue und noch unbekannte Produktionsausfälle. Zu allen erkannten Anomalien werden Reports erzeugt, gespeichert, analysiert und die Prozesse ständig automatisch optimiert.
Aber die Spannung ist damit ja nicht raus aus dem Thema – im Gegenteil. Sie liegt einerseits in der Raffinesse der Technologie und andererseits in der Vielfalt der möglichen Einsatzszenarien. Beim digitalen Retrofit werden Altsysteme mit Fähigkeiten nachrüstet, die ihnen zur Einbindung in digitale Anlagen und Prozesse bis dato fehlen. Basierend auf dem jeweiligen Anwendungsfall werden bestehende Anlagen um Sensoren (zum Beispiel Schwingungen, Akustik, Vision) erweitert. Damit wird ein digitales Abbild erzeugt, auf das dann KI und ML angewendet werden kann.

Alt und neu in produktivem Zusammenspiel
Digitaler Retrofit ermöglicht die zumindest teilweise Weiternutzung bestehende Anlagen und vermindert (Kosten) und verkürzt (Schnelligkeit) deren Modernisierungsaufwand. Sie sind dadurch schneller betriebs- und produktionsbereit (Time-to-market). Neubauten sind dagegen weitaus kostenintensiver und benötigen eine längere Planungs- und Bauzeit. Und wenn sie dann endlich fertig sind und zur operativen Nutzung zur Verfügung stehen kann niemand garantieren, dass sie tatsächlich noch gebraucht werden und sich amortisieren. Denn der Boom, der sie notwendig gemacht hat, kann dann schon wieder vorbei sein.
Der vielleicht grösste Charme liegt jedoch in der fast universellen Anwendbarkeit. Wo immer es um den effizienten Ausbau von Kapazitäten, die Optimierung von Planung und Umrüstzeiten, die vorausschauende Wartung von Maschinen und Anlagen, die Steigerung von Qualitätsraten, Performance und Verfügbarkeit geht, steht digitaler Retrofit auf der Prioritätenliste ganz oben. Damit kann beispielsweise die Verfügbarkeit einer Produktions- oder Intralogistikanlage erhöht werden, indem die ungeplanten Stillstände in die geplanten Stillstände verschoben und die geplanten Stillstände zusätzlich mittels Predictive Maintenance (PdM) reduziert werden. Ursachen für ungeplante Stillstände, wie etwa der Verschleiss eines Anlageteils werden so erkannt bevor es zum Stillstand der Anlage kommt, und in einem geplanten Wartungszyklus ersetzt werden. Die geplante Wartungszeit wird reduziert, da lediglich die detektierten Bauteile einer Anlage geprüft, repariert oder ersetzt werden. Die im Wartungszyklus geprüften Ergebnisse werden dem System durch das Wartungspersonal rückgemeldet, wodurch das PdM-System lernen, und sich selbst optimieren kann. Die Kombination aus gesteigerter Verfügbarkeit und optimierter Qualitätsrate steigert die Performance einer Produktionsanlage.

Predictive Maintenance
Die vorausschauende Wartung gilt als Klassiker unter den Retrofit-Anwendungen. Damit lassen sich die Laufzeiten enorm steigern. Überall dort, wo serielle geschaltete Anlagen Variantenvielfalt und hohe Nachfrage befriedigen müssen, kann schon die kleinste Störung zum kompletten Stillstand führen, etwa bei Automobilzulieferer, Fahrradherstellern oder in der Verpackungsindustrie. Wenn zu den existierenden enorm langen Lieferverzögerungen auch noch Anlagenausfälle dazu kommen, sind Produktionsausfälle vorprogrammiert. Bei der Überschreitung von Lieferterminen können hohe Konventionalstrafen drohen. Und unter der mangelhaften Liefertreue leidet auch die Reputation eines Unternehmens. Predictive Maintenance durch digitalen Retrofit ist damit der Schlüsselfaktor zur Sicherstellung der Liefertreue, zur Erhöhung der Produktionsleistung und zur Zufriedenheit der Kunden.

Qualitätssteigerung und -sicherung im Produktionsprozess
Ausschussminimierung durch die laufende automatisierte Überprüfung der Produktqualität ist neben Liefertreue der zweite grosse Qualitätsparameter in Produktionsprozessen. So ist es beispielsweise bei der Herstellung von Metallprodukten, wie etwa Röhren, Komponenten oder Karosserieteilen wichtig, Qualitätsschwankungen frühzeitig zu erkennen. So können durch Digitalen Retrofit die Verschleisszeiten der Werkzeuge zur Bearbeitung von Oberflächen durch den Einsatz zusätzlicher Sensorik und kombinierter Analytik besser prognostiziert werden. Wird bei der Oberflächenveredelung eine Störung erkannt, können in Echtzeit proaktive Entscheidungen auf der Grundlage von Prognosemodellen getroffen werden.
Basierend auf den Sensormessdaten und Prozessparametern wird durch Maschinelle Lernverfahren (ML) unzureichende Qualität im Produktionsprozess früh erkannt und gezielt gesteigert. Abweichungen, die auf die Qualität im Herstellprozess negativen Einfluss nehmen, werden frühzeitig erkannt, und die Erkenntnisse idealerweise in die Prozess-Parametrierung übernommen. Dadurch wird die Qualitätsrate kostengünstig erhöht.

Erweiterung von Produktions- und Logistikanlagen
Angesicht des boomende Online-Handels und der unter anderem durch Krieg und Pandemie ausgelösten Lieferkettenproblematik arbeiten viele Produktions- und Logistikanlagen an der Kapazitätsgrenze. Mit den bestehenden Gebäuden oder Anlagenkomplexen ist das dadurch ausgelöste Wachstum allein nicht zu bewältigen. Mit digitalem Retrofit können bestehende Anlagen schnell und ohne Downtime erweitert, die Lebensdauer der Anlage erhöht, und deren Effizienz gesteigert werden. Im Betrieb liefern dann beispielsweise Schwingungs- oder Akustiksensoren an kritischen Bauteilen, wie etwa Elektromotoren, ihre Daten an eine Machine-Learning-Engine, um Warnungen für ungewöhnliche Aktivitäten in der Anlage zu berechnen, die zu einer Beeinträchtigung führen könnten.
Digitaler Retrofit wird in Anlehnung an den Begriff Industrie 4.0 gerne auch als Retrofit 4.0 bezeichnet – nicht zu Unrecht. Denn ohne diese nachhaltige Modernisierungs-Technologie wären viele wertvolle Altsysteme für die digitale Zukunft verloren, samt den damit verbundenen Wertverlusten und dem Ressourcen-Raubbau für teure Neu-Installationen.

INFOS | KONTAKT
LeanBI
Neuengasse 21
CH-3011 Bern
T +41 (0)79 247 99 59
www.leanbi.ch
info@leanbi.ch

April

HANNOVER MESSE, Hannover

Weltleitmesse der Industrie mit dem Leitthema «Energizing a Sustainable Industry»
22. bis 26. April
www.hannovermesse.de

Intertool, Wels

Österreichs Fachmesse für Fertigungstechnik
23. bis 26. April
www.intertool.at

Schweissen, Wels

Österreichs Fachmesse für Füge-, Trenn- und Beschichtungstechnik
23. bis 26. April
www.schweissen.at

Mai

KUTENO, Rheda-Wiedenbrück

Kunststofftechnik Nord
14. bis 16. Mai
www.kuteno.de

Optatec, Frankfurt

Internationale Fachmesse für optische Technologien, Komponenten und Systeme
14. bis 16. Mai
www.optatec-messe.de