Grundsätze, Elemente, Prozesse

Ausgabe 10 | 2023

ISO 22361:2022 – Grundlagen für das Krisenmanagement

Andreas Wisler, goSecurity AG

Letzten Oktober wurde die ISO 22361 veröffentlicht. Sie bietet die Basis für das Krisenmanagement, welches für Firmen jeglicher Grösse gedacht ist. Die neue Norm beschreibt nicht nur das Krisenmanagement, sondern auch Ereignisse, beschreibt die Aufbauorganisation, die strategische Entscheidungsfindung wie auch die Führung in der Krise. Weiter ermöglicht es internen und externen Auditoren die Prüfung dieser Prozesse. Werfen wir zusammen einen tieferen Blick in die Norm.

Bereits in der Einleitung verlangt die Norm zum erfolgreichen Krisenmanagement folgende Punkte:

  • engagierte Führung;
  • Strukturen (zum Beispiel Finanzierung, Kommunikation, Beziehungen und Verbindungen, Ausrüstung, Einrichtungen, Informationsmanagement, Grundsätze, Prozesse und Verfahren);
  • eine unterstützende Kultur (zum Beispiel Werte, Ethik, Verhaltensregeln);
  • kompetentes Personal (zum Beispiel Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltung, flexibles Denken).

Der strukturierte Ansatz ist zum erfolgreichen Bewältigen einer Krise essenziell. Dabei gilt es eine Reihe von Grundsätzen anzuwenden. Diese bilden den Rahmen und erweitern unterstützende Prozesselemente für die zielgerichtete, konsistente und konsequente Umsetzung.
Die Elemente Grundsätze, Elemente und Prozesse werden in der Grafik in einen Zusammenhang gebracht.

Ursachen von Krisen  
Wie von anderen Normen gewohnt, werden in Kapitel 3 verschiedene Begrifflichkeiten eingeführt: Es handelt sich dabei um: Fähigkeit, Krise, Krisenmanagement, Krisenstab, Krisenmanagementplan, Vorfall/Notfall, Beteiligte, Führungsorganisation, Lagebericht, Situationsbewusstsein, Spitzenmanagement, Problem, Organisation und Krisenkommunikation. Sie sind kostenlos unter www.iso.org/obp abrufbar.
Krisen können mit Herausforderungen in Zusammenhang stehen, deren Auswirkungen zum Zeitpunkt der Krise unklar sein können. Mögliche Entscheidungen und daraus abgeleitete Massnahmen können schwerwiegende negative Folgen haben, und die Entscheidungsträger müssen manchmal die am wenigsten nachteilige Lösung wählen. Das kann bedeuten, dass jede Entscheidung auch Nachteile mit sich bringt und es keine ideale Lösung gibt. Trotzdem gilt es keine voreiligen oder unüberlegten Entscheidungen zu treffen, sondern sich mit allen möglichen Folgen auseinanderzusetzen.
Auch wenn viele Krisen einzigartig erscheinen, gibt es gemeinsame Merkmale. Sind diese bekannt, kann eine Verbesserung im Falle einer Krise ermöglicht werden. Eine Krise wird oft durch einen Notfall ausgelöst. Es bestehen gemeinsame Merkmale, die sowohl beim Notfall wie auch bei einer Krise vorhanden sind. Die Norm listet in einer Tabelle die Merkmale Vorhersehbarkeit, Beginn, Dringlichkeit und Druck, Auswirkungen, Einschätzung durch Öffentlichkeit/Medien/Interessensvertreter und Kontrollierbarkeit auf, erläutert diese ausführlich und bringt diese in den Zusammenhang Problem – Vorfall/Notfall – Krise.
Weiter geht die Norm in Kapitel 4 auf mögliche Ursachen von Krisen ein. Es sind dies die folgenden zehn Punkte:

  • unzureichende Führung, die es zulässt, dass nicht auf allmähliche Abweichungen reagiert wird
  • bequeme, aber inoffizielle Umgehungsstrategien, die zur Routine werden
  • Mängel bei der Aufsicht und Prozessüberwachung
  • Kulturen der Schuldzuweisung, die eine Vertuschung von Risiken und Problemen fördern
  • schlechtes Verhalten (oder als schlecht wahrgenommenes Verhalten) der Führungskräfte der Organisation, einer einzelnen Führungskraft oder der Organisation als Ganzes
  • schlechte Ausbildung und Entwicklung von Personal und Führungskräften
  • menschliche Faktoren einschliesslich Ermüdung, Stress, persönliche Probleme und Arbeit unter ungewohnten Bedingungen
  • ineffizientes Personalmanagement
  • externe Faktoren, die sich auf die Menschen, den Betrieb, die Reputation, die Technologie und die materiellen, wie immateriellen Werte der Organisation auswirken können
  • unzureichende Vorbereitung
  • Versäumnis, aufgrund mangelnder Befähigung, Entscheidungsfähigkeit oder Kultur geeignete Massnahmen auf höherer Ebene auszulösen

Diese Punkte sollten aber nicht isoliert betrachtet werden, oft gibt es mehrere Ursachen. Wichtig ist aber die gute Vorbereitung. Jedes Unternehmen sollte festlegen, wie sie ihre Ressourcen für das Krisenmanagement mobilisieren und die damit verbundenen Prozesse aktivieren kann. Eine schnelle Reaktion auf eine Krise ist entscheidend. Als weitere Grundlage definiert die Norm sieben Grundsätze: Leitung, Strategie, Risikomanagement, Entscheidungsfindung, Kommunikation, Ethik und Lernen.

Elemente des Krisenmanagements
Das Kapitel 5 beschreibt in der Folge «Aufbau einer Fähigkeit zum Krisenmanagement». Dabei sollten folgende Punkte enthalten sein:

  • Erkennen von Krisen-Situationen
  • Menschen, die Situationen schnell analysieren, Strategien festlegen, Optionen identifizieren, Entscheidungen treffen und deren mögliche Auswirkungen beurteilen
  • Verständnis der bereits beschriebenen Grundsätze
  • Strukturen und Prozesse, um Entscheidungen umzusetzen, Aufgaben zuzuweisen und die Ergebnisse zu evaluieren
  • Lösungen durch den Einsatz entsprechender Ressourcen unterstützen
  • fortlaufende Krisenmanagementfähigkeit unterstützen und aufrechterhalten
  • Kultur, welche die Grundsätze unterstützt

In Abschnitt 5.2 sind die «Elemente des Krisenmanagements» aufgeführt (Führung, Struktur, Kultur, Kompetenz), Abschnitt 5.3 behandelt den «Krisenmanagement-Prozess»: Antizipation (damit sind unter anderem Früherkennungsprozesse gemeint), Beurteilung, Prävention und Schadensminderung, Bereitschaft durch Krisenmanagementplan, Informationsmanagement, gemeinsames Situationsbewusstsein sowie im Unterkapitel 5.3.4.5 «Zusammensetzung und Verantwortlichkeiten des Krisenstabs (KS)» die Beschreibung der verschiedenen Funktionen im Krisenstab: von der Leitung, HR, Betrieb, Rechte, Kommunikation, Finanzen, Protokollführer, BCM-Beauftragter, Zusammenarbeit mit anderen Betriebseinheiten sowie administrative Unterstützung. Weitere Unterpunkte sind die Reaktion, Arbeitsabläufe, Wiederherstellung und ständige Verbesserung.
Das Kapitel 6 geht auf die Führung in Krisensituationen ein. Eine wichtige Grundvoraussetzung einer Führungskraft ist es in einer Krise die Situation zu stabilisieren. Zu diesem Zweck sollte eine Führungskraft Vertrauen erwecken und das Beste aus allen Beteiligten herausholen, indem sie klare Anweisungen gibt und die Situation beherrscht. Die Norm führt weiter aus «Die Führung benötigt exzellente zwischenmenschliche Fertigkeiten wie Konsensbildung, Teamarbeit, Flexibilität, Kommunikation und die Fähigkeit, innerhalb der bestehenden Zeitvorgaben Optionen zu finden.» und listet viele notwendige Attribute auf: aufgabenbezogene und zwischenmenschliche Fähigkeiten, persönliche Stärken und das Management der Beteiligten.
In Kapitel 7 beschreibt die Norm die strategische Entscheidungsfindung im Krisenfall. Spannenderweise geht es in diesem Kapitel auch darum, warum die Entscheidungsfindung herausfordernd sein kann, und beleuchtet die Dilemmata (die scheinbaren Lösungen sind nicht richtig oder falsch, sondern besser oder schlechter), Verzögerung und Vermeidung von Entscheidungen.

Erfolgreiches Krisenmanagement
Ein Schlüsselelement ist auch die Kommunikation. Dies wird in Kapitel 8 behandelt. Die effektive Kommunikation ist eine Schlüsselkomponente für erfolgreiches Krisenmanagement und ein wesentlicher Bestandteil der Reaktion der Organisation auf Krisen. Sie umfasst dabei die interne und die externe Kommunikation. Dazu gehört in der Vorbereitung ein Krisen-Kommunikationsplan. Die Norm listet acht Punkte auf, die dieser enthalten soll. Je nach Grösse des Unternehmens und Tragweite des Vorfalls sind auch die Medien ziemlich schnell vor Ort. Auch dieser Umstand sollte in der Planung berücksichtigt werden: «Die Organisation sollte proaktiv mit den Medien in Kontakt treten, um eine genaue Darstellung des Vorfalls darzulegen und so ihre Reputation zu schützen und ihre eigene Botschaft zu kommunizieren.» Die weiteren Punkte sind die involvierten Funktionen (Kommunikationsteam, Sprecher, Medienarbeit), die Kommunikations-Strategie, wesentliche Grundsätze und Massnahmen, die Wichtigkeit der Konsistenz einer Botschaft (alle erzählen dasselbe oder noch besser, nur eine Person kommuniziert), mögliche Hürden einer effektiven Kommunikation sowie die Gefahren und Möglichkeiten sozialer Medien.
Das letzte Kapitel 9 behandelt die Ausbildung, Validierung und das Lernen. Gerade die Ausbildung ist ein wichtiger Aspekt zur Bewältigung einer Krise. Dazu können auch Fallstudien und Simulationen beigezogen werden. Und nicht zu unterschätzen sind Übungen. Dies hilft die Chaos-Phase, wenn alles drunter und drüber geht, schneller und besser zu beherrschen.

Fazit
Zusammenfassend ist die ISO 22361 ein umfassendes Werkzeug zur Vorbereitung und Bewältigung einer Krise. Es definiert die Rollen und Verantwortlichkeiten und führt durch den notwendigen Prozess durch. Werden auf das Unternehmen passende Prozesse erarbeitet und Verantwortlichkeiten definiert, kann eine Krise schnell erkannt und geeignete Massnahmen eingeleitet werden.

ZUM AUTOR
Andreas Wisler, Dipl. Ing FH
goSecurity AG
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