Höhenverstellbarer Schweisstisch.

Ausgabe 02 | 2024

Ergonomisch schweissen – ein Paradox?

Fronius Schweiz AG

Überall dort, wo Serienfertigung kein Thema ist, wird regelmässig von Hand geschweisst. Dabei nehmen Schweisserinnen und Schweisser häufig Positionen ein, die Gelenke und Muskeln belasten – zum Beispiel in Zwangslagen.

Daraus resultieren Lädierungen wie Verstauchungen des unteren Rückens oder der oberen Gliedmassen. Diese beeinträchtigen nicht nur die Gesundheit der Schweissfachkräfte, sie gehen auch auf Kosten der Produktivität im jeweiligen Unternehmen. Immer mehr Firmen setzen deshalb auf Ergonomie beim Schweissen.

Was versteht man unter Ergonomie?
Ergonomie hat mehrere Bedeutungen. Eine davon versteht sich wörtlich. Sie leitet sich vom Griechischen ab und bezieht sich auf die beiden Wörter «ergon» und «nomos». «Ergon» steht für Arbeit und «nomos» für Gesetz. Das Wort Ergonomie kann also mit «Gesetz der Arbeit» übersetzt werden. Eine andere, praktische Bedeutung von Ergonomie stellt die wechselseitige Anpassung von Menschen und ihren Arbeitsbedingungen in den Vordergrund. Ergonominnen und Ergonomen versuchen diese so zu gestalten, dass weder die körperliche noch die mentale Gesundheit von Arbeitskräften zu Schaden kommen.
Dasselbe gilt für Schweissarbeitsplätze. «Diese sollten so beschaffen sein, dass sie den körperlichen Voraussetzungen von Schweisserinnen und Schweissern gerecht werden und ein weitgehend konzentriertes, ermüdungsfreies Arbeiten ermöglichen», betont Peter Fronius, Head of Strategic Product Management Professional Welding Tools. «Zu berücksichtigen sind zum Beispiel Körpergrösse oder Armreichweite der Beschäftigten. Entsprechen Arbeitsplätze keinem ergonomischen Standard, steigt die Wahrscheinlichkeit von Krankheiten, Verletzungen und Krankenständen.» Natürlich können ergonomische Risikofaktoren nicht immer und überall beseitigt werden – zum Beispiel, wenn Zwangslagen ins Spiel kommen. Hier muss es unser Ziel sein, die Zeit, während der sich eine Person in so einer Lage befindet, so gut es geht zu begrenzen.

Risikofaktoren beim Schweissen
Die meisten Verletzungsquellen sind nicht auf bestimmte Branchen beschränkt, sondern ergeben sich aus den Bewegungs- und Verhaltensmustern von Schweisserinnen und Schweissern. Typisch sind: wiederholtes Strecken des Körpers, Verdrehen der Wirbelsäule, Aufstützen und Knien auf hartem Untergrund, statische Haltungen über einen grösseren Zeitraum oder fehlende Ruhepausen. Treten solche Risikofaktoren immer wieder auf – einzeln oder kombiniert – können sie zu arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) führen. Darunter versteht man Verletzungen und Krankheiten, die Muskeln, Nerven, Sehnen, Bänder, Gelenke, Bandscheiben, Haut, subkutanes Gewebe, Blutgefässe oder Knochen betreffen. Neben den erwähnten Ursachen können auch ungünstige Umweltbedingungen wie extreme Temperaturen zum Entstehen von MSEs beitragen. Persönliche Risikofaktoren wie körperliche Kondition, Vorerkrankungen oder Lebensalter kommen ergänzend hinzu.

Arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen bei Schweissfachkräften
Gewöhnlich entwickeln sich solche Erkrankungen durch Mikrotraumata, die dem Körper im Laufe der Zeit zugeführt werden und beispielsweise lumbale Diskushernien verursachen. Sie sind die häufigsten Bandscheibenvorfälle, weil das Gesamtgewicht der Wirbelsäule am stärksten auf den beiden unteren Bandscheiben lastet. So eine Bandscheibe besteht aus einem flexiblen, ringförmigen Knorpel, der halbflüssiges Gel enthält. Hebt eine Schweissfachkraft wiederholt schwere Bauteile in ungünstiger Körperhaltung, kann sich der Knorpel abbauen und mit der Zeit reissen. Der Effekt: Die Bandscheibe wölbt sich vor, drückt auf einen Spinalnerv und verursacht starke Schmerzen.
Zu den häufigsten Muskel-Skelett-Erkrankungen gehören Rückenverletzungen, Schleimbeutelentzündungen, Sehnen- und Sehnenscheidenentzündungen, das Karpaltunnelsyndrom oder das Thoracic-Outlet-Syndrom – eine Störung, die durch Kompression von Nerven, Arterien oder grossen Venen im Hals- und Brustbereich auftreten kann und starke Schmerzen hervorruft. Verursacht werden kann sie durch häufiges Überkopfschweissen.

Ergonomie und Schweissen sind kein Widerspruch
Immer wieder müssen Schweisserinnen und Schweisser für vielerlei Aufgaben problematische Haltungen einnehmen – oft über längere Zeiträume. Häufig fällt es Schweissfachkräften leichter, sich selbst um grosse, schwere Bauteile zu bewegen, als das Bauteil in eine ideale Schweissposition zu bringen. Ist es deshalb paradox, beim Schweissen von Ergonomie zu sprechen? Mitnichten, denn es gibt allen Widrigkeiten zum Trotz auch für Schweissbetriebe viele Möglichkeiten, Arbeitsplatz und Arbeitsmittel ergonomisch zu gestalten. Dies führt im Allgemeinen zu einer gesünderen Belegschaft, besseren Arbeitsmoral, höheren Produktivität und gesteigerten Produktqualität. Zum Beispiel sind höhenverstellbare Schweisstische und Hocker bewährte Mittel, die Schweisshöhe an die körperlichen Voraussetzungen von Schweisserinnen und Schweisser anzupassen.

Ideal für lange Nähte: Schweissfahrwerke
«Statt meterlange Schweissnähte per Hand in Überkopfposition zu schweissen, können in vielen Fällen schienengeführte Schweissfahrwerke eingesetzt werden. Das Gleiche gilt für Längsnähte und Rundnähte von grossem Ausmass, die entweder mit Schienenfahrwerken oder mit magnetischen Schweisstraktoren gefügt werden können. Werden solche mechanisierten Systeme eingesetzt, müssen Schweissfachkräfte im Wesentlichen nur noch den Fernregler bedienen – aufrechtstehend und ohne körperliche Anstrengung», erklärt Christian Neuhofer, Product Manager Fronius Welding Automation.
Das kompakte Fronius FlexTrack 45 Pro bietet ein breites Spektrum von Anwendungsmöglichkeiten. Je nach Anforderung kann zwischen drei verschiedenen Schienentypen ausgewählt werden. In Branchen, wo Oberflächengeometrien variieren, zum Beispiel im Schiffs- oder Behälterbau, eignen sich FlexTrack-45-Pro-Schweissfahrwerke perfekt für den universellen Einsatz.

Ohne Belastung 24/7 schweissen
Mittlerweile machen Cobot-Schweisszellen auch das automatisierte Schweissen von kleinen Losgrössen wirtschaftlich. Dank ihrer enormen Flexibilität beim Fügen unterschiedlicher Bauteile bietet die kompakte CWC-S von Fronius ideale Voraussetzungen dafür. «Sie ist einfach und ohne Programmierkenntnisse zu bedienen, die körperliche Belastung geht dabei gegen Null», führt Neuhofer weiter aus «Ihre Software merkt sich die Schweissfolgen der einzelnen Bauteile, die entweder auf einem Schweisstisch oder Drehkipp-Positionierer montiert werden. Geschweisst werden sie völlig autonom in einer Schutzkabine mit automatisch schliessendem und öffnendem Blendschutz, der Schweisserinnen und Schweisser vor Lichtbogenstrahlung schützt – bei Bedarf rund um die Uhr. Auf Wunsch kann die CWC-S auch mit einer Rauchgasabsaugung ausgestattet werden.»
Schwere Bauteile sollten beim Fixieren mit Hebehilfen wie zum Beispiel Hallenkränen angehoben werden, um Muskeln und Wirbelsäule zu schonen. Das gilt im Grunde für alle Hebetätigkeiten rund ums Schweissen. Eine Überbelastung des Stütz- und Bewegungsapparates gefährdet nicht nur langfristig die Gesundheit, sondern kann in Einzelfällen auch sofort zu Verletzungen wie einem Lumbalsyndrom – im Volksmund Hexenschuss – führen.

Orbitalschweisssysteme entlasten die Wirbelsäule
In der Lebensmittelindustrie oder im Kraftwerksbau kommen häufig Rohrleitungen zum Einsatz, die orbital – den Brenner rund um das Rohr führend – zu schweissen sind. Oft müssen sie in ungünstigen Höhen und Positionen gefügt werden, die sich nachteilig auf den Rücken von Schweisserinnen und Schweissern auswirken können. Hier schaffen Orbital-Systeme, wie die offenen und geschlossenen Schweissköpfe von Fronius Abhilfe. Ist das zu fügende Rohr eingespannt, bewegt sich der Schweissbrenner automatisch rund um das Bauteil und schweisst die Naht in konstant hoher Qualität.

Ergonomie bei Fronius
Die Produkte des österreichischen Technologievorreiters haben sich nicht nur wegen ihrer technologischen Finesse, sondern auch wegen ihrer Benutzerfreundlichkeit einen Namen gemacht. Sämtliche Schweissbrenner, um ein Beispiel zu nennen, zeichnen sich durch Leichtgewicht, angenehm in der Hand liegende Griffschalen und an die Aufgaben angepasste User-Interfaces aus. Die ergonomischen Griffe mit rutschfesten Komponenten liegen beim Schweissen gut in der Hand. Sie erlauben eine einfache und sichere Brennerführung, wobei Kugelgelenke die optimale Brenneranstellung erleichtern. Dazu kommt eine ausgewogene Gewichtsverteilung sämtlicher Brennerkomponenten, die ein ermüdungsfreies Schweissen begünstigt. Mit Optionen wie Pistolengriff, Tastenverlängerung oder Hitzeschild können unsere Brenner auf die persönlichen Einsatz- und Sicherheitsbedürfnisse von Schweisserinnen und Schweissern angepasst werden.
Auch bei den Schweissgeräten hat Fronius die Usability stets im Blick. So ist bei allen Kompaktgeräten der Drahtvorschub direkt im Gehäuse des Schweissgerätes integriert. Das macht sie vor allem für manuelle Schweissaufgaben leichter und handlicher.
Modularität gepaart mit individueller Konfiguration und intuitiven Bedienabläufen – das sind die Schlagwörter, die wir bei unseren Schweisssystemen stets im Fokus haben. Je unkomplizierter sie zu bedienen sind, desto besser können sich die Schweissfachkräfte auf das Schweissen konzentrieren und ihr Verletzungsrisiko geringhalten. Musterbeispiele dafür sind die Geräte der TPS/i-, TransSteel- oder iWave-Serien, deren berührungssensitive Displays und Einstellräder nicht nur intuitiv, sondern auch mit Schweisshandschuhen leicht zu bedienen sind.
Natürlich müssen auch Muskeln und Wirbelsäule von Arbeitskräften geschont werden. Deshalb gibt es für Fronius Schweisssysteme massgeschneiderte Transportwägen, die Schweissgerät, Kühleinheit, Drahtvorschub und Gasflasche aufnehmen. Leicht zu bewegen, sollen sie besser geschoben als gezogen werden, da sich ständiges Ziehen negativ auf die Skelettmuskulatur auswirkt.

Schweissen lernen ohne Verletzungsgefahr
Mit dem Fronius Welducation Simulator können Auszubildende das Schweissen frei von jeglichem Verletzungsrisiko kennenlernen. Sie ziehen dabei verschiedenartige Schweissnähte, ohne sich selbst durch Lichtbogenstrahlung und Schweissrauch zu gefährden – mit ergonomisch geformten Brennern und in verschiedenen Schweisspositionen bis hin zur Zwangslage. Die für die unterschiedlichen Simulationen verwendeten Bauteile sind nicht nur handlich, sondern auch aus leichtem Kunststoff, der Muskeln und Wirbelsäule der zukünftigen Schweissexpertinnen und -experten schont.
Abschliessend betrachtet bieten sich viele Möglichkeiten, die Arbeitsumgebung von Schweissfachkräften so sicher und ergonomisch wie möglich zu gestalten und dadurch sowohl die Arbeitsbedingungen und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die wirtschaftliche Situation von Unternehmen positiv zu beeinflussen – und damit auch die öffentliche Wahrnehmung.

INFOS | KONTAKT
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CH-8153 Rümlang
T +41 (0)44 817 99 44
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