
Fastener Fair, Stuttgart
Internationale Fachmesse für die Verbindungs- und Befestigungsbranche
25. bis 27. März
www.fastenerfair.com
Bild: Adobe Stock
Die Schweizer Tech-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie sowie verwandte Technologiebranchen) hat ein enttäuschendes Geschäftsjahr 2024 hinter sich. Im Vergleich zu 2023 reduzierten sich die Umsätze um -4,6 Prozent und die Exporte um -3,1 Prozent. Die künftige Entwicklung der Branche hängt davon ab, wie stark die Schweiz von den sich akzentuierenden Handelskonflikten betroffen sein wird.
Derzeit gibt es kaum Anzeichen für eine Erholung in der Schweizer Tech-Industrie. Aufgrund der diversen Handelskonflikte ist die Verunsicherung gross und das Investitionsklima weltweit schlecht. Die künftige Entwicklung in der Tech-Industrie hängt wesentlich davon ab, wie stark die Schweiz von den sich akzentuierenden Handelskonflikten betroffen sein wird. Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem, ist besorgt: «Das Worst-Case-Szenario wären flächendeckende US-Zölle, auf welche die EU reziprok reagieren und dabei die Schweiz als Drittland behandeln würde. Damit wären bis zu 70 Prozent der Exporte der Schweizer Tech-Industrie betroffen. Das hätte dramatische Folgen.» Wachstumsimpulse erwarten die Betriebe aus Indien, China und vor allem aus den USA. Falls die USA jedoch ihre Zölle massiv erhöhen, würden diese Impulse im Keim erstickt.
Welche Massnahmen braucht es innen- und aussenpolitisch?
Swissmem-Präsident Martin Hirzel nahm während der Jahresmedienkonferenz Ende Februar dazu Stellung.
Vielleicht geht es Ihnen zurzeit gleich wie mir. Jeden Morgen schalte ich die News ein und frage mich: Wen trifft es heute? Der neue US-Präsident kündigt jahrzehntealte Partnerschaften auf. Handelsverträge werden hinterfragt, die erst vor wenigen Jahren in seiner ersten Amtszeit abgeschlossen worden sind. An die Stelle des Völkerrechts tritt die reine Machtpolitik. Das Vorgehen des US-Präsidenten scheint klar: möglichst unberechenbar sein, denn so kann sich keine geeinte Front gegen ihn bilden. Zwischen der Ankündigung von Zöllen und dem Inkrafttreten vergehen oft Wochen der Unsicherheit. Das zermürbt.
Eskalationsstufen des Zollkonfliktes
Für Unternehmen ist dieses Umfeld ein Albtraum. Die für uns wichtige Verlässlichkeit des staatlichen Handels und die Planungssicherheit hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen haben sich in Luft aufgelöst. Diese Unsicherheiten verschlechtern das eh schon miserable Investitionsklima weiter. Die Schweizer Tech-Industrie betrifft dies unmittelbar. Die neue US-Zollpolitik könnte sie in drei Intensitätsstufen treffen:
Stufe 1: US-Zölle auf Stahl und Aluminium
Diese Stufen haben wir bereits erreicht. Sie gehen aber viel weiter als jene von 2018. Neu umfassen sie auch weiterverarbeitete Stahl- und Aluminiumprodukte. Die Konsequenzen auf die Exporte der Schweiz sind zurzeit noch nicht abschätzbar. Neben der Zollbelastung werden die bürokratischen Aufwände massiv zunehmen. Bei den betroffenen Produkten muss jeweils der Umfang der Stahl- und Aluminiumanteile ermittelt werden, auf welchem dann ein Zoll erhoben wird. Das wird das Exportgeschäft zusätzlich hemmen. Nach einer Schätzung des Seco betrafen die Zölle von 2018 ein Exportvolumen von unter 100 Millionen Schweizer Franken.
Stufe 2: flächendeckende US-Zölle
Im vergangenen Jahr gingen 15 Prozent der Exporte der Tech-Industrie in die USA. Das sind Waren im Wert von über CHF 10 Milliarden. Je nach Höhe der Zölle würde sich dieses Volumen drastisch reduzieren. Sollten diese US-Zölle gleichzeitig gegen die EU erhoben werden, dann wäre die Schweiz auch indirekt betroffen. Wir liefern Komponenten in die EU, wo sie in Endprodukte verbaut werden. Deren Export in die USA wäre neu mit Zöllen belastet, was sich spürbar auf das Volumen auswirken würde. Die Rückwirkungen auf die Schweizer Tech-Industrie wären bereits erheblich.
Stufe 3: EU behandelt Schweiz als Drittland
Diese Stufe wäre erreicht, wenn die EU bei ihren Gegenmassnahmen die Schweiz als Drittland behandeln würde, so wie sie es 2018 bei ihren Schutzmassnahmen für Stahl und Aluminium getan hat. In einem solchen Fall wären bis zu 70 Prozent der Exporte der Schweizer Tech-Industrie direkt oder indirekt betroffen. Das sind Güter im Wert von fast CHF 50 Milliarden. Das würde die Industrie am Standort Schweiz existentiell treffen.
Aussenpolitische Gegenmassnahmen
Es stellt sich die Frage, was die Schweiz in dieser Situation tun kann. Panik wäre sicher die falsche Antwort. Auch jetzt gibt es Chancen und Opportunitäten. Diese gilt es zu identifizieren und zu nutzen. Dazu gibt es aussen- und innenpolitische Ansätze. Aussenpolitisch braucht es die volle Präsenz der Schweizer Diplomatie:
Fairer Handelspartner
Sie muss die Administration Trump rasch überzeugen, dass die Schweiz ein fairer Partner ist. Die Aufhebung der Industriezölle, wofür Swissmem vehement gekämpft hatte, ist dabei ein wertvoller Trumpf. Auch haben wir keinen protektionistisch wirkenden CO2-Grenzausgleich sowie eine vergleichsweise tiefe Mehrwertsteuer. Zudem ist der Kleinstaat Schweiz der sechstgrösste Investor in den USA.
Nicht als Drittstaat eingestuft werden
Sie muss die EU davon überzeugen, die Schweiz bei Gegenmassnahmen nicht als Drittstaat zu behandeln. Straft Brüssel auch unser Land mit Gegenzöllen ab, wären die Bilateralen III vor dem Volk wohl chancenlos. Daran kann die EU kein Interesse haben.
Unverzichtbarkeit der Schweiz
Sie muss die Grossmächte von der Unverzichtbarkeit der Schweiz überzeugen. In Zeiten zunehmender Konflikte könnten die «Guten Dienste» eine Renaissance erleben. Gerade die USA haben in der Vergangenheit immer wieder davon profitiert.
Freihandelsoffensive beschleunigen
Und letztlich muss der Bund die Freihandelsoffensive beschleunigen. Die Abkommen mit Indien, Thailand und dem Kosovo müssen rasch ratifiziert werden. Zudem brauchen diverse Abkommen ein Update. Zum Beispiel jene mit China und Mexiko. Bei neuen Handelsabkommen stehen der Mercosur und wenn möglich auch die USA im Zentrum. Diese Chancen müssen wir nutzen.
Erlauben Sie mir zum letzten Punkt einige ergänzende Bemerkungen: Wir sind in einem Wettlauf. Der Welthandel wird sich neu um die USA herum organisieren. Beim Abkommen mit Mercosur und dem Update von Mexiko hat uns die EU überholt. Mit dem Abschluss des Freihandelsabkommens mit Indien hat die Schweiz hingegen derzeit einen strategischen Vorteil. Der Ständerat hat dem Abkommen bereits zugestimmt. Ich gehe davon aus, dass der Nationalrat in der Frühlingssession dasselbe tun wird. Die Industrie erwartet von den linken Parteien und den NGOs, dass sie auf ein Referendum verzichten. Ein Scheitern dieses oder anderer Freihandelsabkommen wäre für unsere Firmen in der momentanen Situation ein Rückenschuss. Es würde zudem nicht nur der Schweiz schaden, sondern auch Indien und dessen Bevölkerung. Handel führt zu steigenden Direktinvestitionen. Das schafft Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Einkommen für die lokale Bevölkerung. Das unterstützt die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung in Indien.
Innenpolitisch Massnahmen
Innenpolitisch sollten wir uns von wirtschaftspolitischen Dummheiten distanzieren. Zurzeit gehören die JUSO-Initiative «Für eine Zukunft» und die neue Konzernverantwortungs-Initiative in diese Kategorie:
Die Enteignungs-Initiative der JUSO richtet aufgrund der rechtlich höchst fragwürdigen Rückwirkungsklausel bereits heute Schaden an. Gemäss einer Swissmem Umfrage ist allein in unserer Mitgliedschaft ein Drittel der Firmen betroffen. Über 40 Prozent der betroffenen Firmeneigentümerinnen und -eigentümer haben bereits Abklärungen bezüglich eines Wegzugs getroffen. Das trifft unsere Branche im Kern. Swissmem engagiert sich dafür, dass das Parlament die Rückwirkungsklausel als ungültig erklärt. Nur das würden die vorzeitige Abwanderung stoppen.
Die «Konzernverantwortungs-Initiative 2.0» ist eine gefährliche Zwängerei. Die internationale Entwicklung bezüglich den Nachhaltigkeitsregulierungen geht in die entgegengesetzte Richtung. Selbst die EU hat erkannt, dass sie sich im Mikromanagement verrannt hat. Die Initiative steht völlig quer in der Landschaft und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie.
Der langfristig beste Schutz vor der vorhin erwähnten, fatalen Stufe 3 sind die Bilateralen III mit der EU. Gelingt der Abschluss dieses Vertragswerks, ist die Schweiz vor Gegenmassnahmen der EU geschützt. Dies ist auch ökonomisch sinnvoll, denn die EU bleibt auch künftig der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Schweiz. In einer Welt, in der unberechenbares, machtpolitisch motiviertes Verhalten den neuen «Courant normal» darstellt, wird der diskriminierungsfreie Zugang zum EU-Binnenmarkt ökonomisch zum sicheren Anker. Deshalb hat der Vorstand von Swissmem an seiner gestrigen Sitzung die bisherige Position bekräftigt: Ja zu den Bilateralen III – aber ohne Geschenke an die Gewerkschaften. Definitiv wird sich der Verband festlegen, wenn die Verträge nach der rechtlichen Prüfung vorliegen.
Abschliessend möchte ich noch eine Bemerkung zur Sicherheitslage machen. Auch in diesem Bereich haben sich in den letzten Wochen alte Gewissheiten verflüchtigt. Der US-Schutzschirm über Europa fällt zunehmend weg. Europa muss sich wieder selbst verteidigen können. Dasselbe gilt auch für die Schweiz. Der Krieg in der Ukraine zeigt, dass dies ohne eigene Rüstungsindustrie nicht möglich ist. Die Schweiz hat sich zur bewaffneten Neutralität verpflichtet. Um diese Verpflichtung zu erfüllen, braucht sie eine leistungsfähige Rüstungsindustrie. Unsere Sicherheits- und Wehrtechnikindustrie wurde in den letzten Jahren wegen den sehr restriktiven Exportbestimmungen regelrecht aus dem Land getrieben. Es braucht dringend einen Kurswechsel. Swissmem erwartet vom neuen Vorsteher des VBS, dass er sich mit hoher Priorität für bessere Rahmenbedingungen für die Schweizer Rüstungsindustrie einsetzt. Das betrifft insbesondere die Exportauflagen. Ohne Exporte kann die Rüstungsindustrie wirtschaftlich nicht überleben. Und ohne eigene Rüstungsindustrie können die Systeme der Schweizer Armee nicht einsatzbereit gehalten werden. Das gefährdet unmittelbar die Sicherheit der Schweiz.
Meine Damen und Herren. Wir leben in turbulenten Zeiten. In jeder Lage eröffnen sich aber auch Chancen. Diese muss die Schweiz mit kluger, pragmatischer Innen-, Aussen- und Sicherheitspolitik nutzen. Zudem sind die traditionellen Stärken der Schweizer Industrie auch in dieser neuen Welt ein wichtiger Faktor. Der Fokus muss auf der Innovation bleiben, denn nichts ist so überzeugend, wie überlegene Produkte. Nicht nur der Staat Schweiz muss sich für die Grossmächte unverzichtbar machen. Das muss auch die Schweizer Tech-Industrie weiterhin tun.
INFOS | KONTAKT
Swissmem
Pfingstweidstrasse 102
CH-8005 Zürich
T +41 (0)44 384 41 11
www.swissmem.ch
info@swissmem.ch
Internationale Fachmesse für die Verbindungs- und Befestigungsbranche
25. bis 27. März
www.fastenerfair.com
Fachmesse mit Kongress zum Thema elektromagnetische Verträglichkeit
25. bis 27. März
www.mesago.de