
KUTENO, Bad Salzuflen
Zulieferermesse für die kunststoffverarbeitende Industrie
13. bis 15. Mai
www.kuteno.de
Der Umgang mit Kunststoffen ist eine Kunst und lässt sich auch ein bisschen mit der Sterneküche vergleichen. Die besonderen Mixturen und Techniken ergeben perfekt abgestimmte, meisterliche Ergebnisse – sei es beim Essen oder eben beim Kunststoff.
Ein Meister der Kunststofftechnik ist Prof. Dr.-Ing. Christian Bonten, er leitet seit 2010 das Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart. In seinem Vortrag «Von der Wissenschaft zur Praxis: Kunststofftechnik im Spannungsfeld von technischen Anforderungen, Langzeitbeständigkeit und Nachhaltigkeit» beleuchtete Prof. Bonten an den LAPP-Fachpressetagen die wichtigsten Faktoren für die Entwicklung von massgeschneiderten Kunststoffen. Dies erinnert an die vielen Zutaten und Rezepte in einer guten Küche. Im Vortrag ging es im Wesentlichen um drei Bereiche: Werkstofftechnik, Verarbeitungstechnik und Produktentwicklung.
Werkstoffe
Kunststoffe bestehen aus Polymeren sowie Additiven und werden heute meist aus Erdölprodukten gewonnen. Sie bestehen aus langen Kohlenstoffketten und sind wegen ihrer Eigenschaften (nicht-rostend, wasserfest, extrem haltbar, flexibel, isolierend) besonders vielseitig verwendbar. So kommt es bei der Ummantelung von Kabeln vor allem auf optimale Schmelzbarkeit (Thermoplaste) für den Einsatz in der Extrusion sowie auf spezielle Eigenschaften des abgekühlten und dabei fest gewordenen Mantelmaterials an. In der Forschung geht es dabei um die Fragen, wie man diese Eigenschaften beeinflussen kann und wie man den optimalen Werkstoff für das jeweilige Kabel findet. Eine wichtige Rolle dabei spielen die Additive: Durch die neuartige Kombination von Polymeren mit Additiven kann das Eigenschaftsspektrum erweitert werden. Geschickt gewählte und eingebrachte Additive schützen die Mantelwerkstoffe vor Abrieb, erleichtern die Verarbeitung in Schmelzform, machen den Werkstoff resistenter gegen thermische und UV-Einflüsse oder verbessern den Flammschutz. So werden sowohl beim IKT als auch bei LAPP immer wieder neue Compounds hergestellt und getestet, um einen optimierten Kunststoff zu erhalten. Zudem ist stetes Ziel der Werkstofftechnik auch die Vorhersagbarkeit des Werkstoffverhaltens im Gebrauch. Hierzu wird an der Übertragbarkeit von zeitraffenden Versuchsbedingungen auf den praktischen Einsatz hin geforscht. In aufwändigen Messmethoden werden auch die Fliesseigenschaften ermittelt. Das ist beispielswiese vor der Extrusion sehr wichtig, um Instabilitäten in der Produktion zu verhindern.
Beim IKT wird aber auch ganz genau erforscht, welche Additive ein bestimmtes Verhalten verbessern können. Beim Flammschutz kommen beispielsweise spezielle Füllstoffe zum Einsatz, die Hitze absorbieren, aber zugleich die Fliesseigenschaften verschlechtern. Beim UV-Schutz werden Radikalfänger verwendet und bei der Viskosität optimieren Wachse das Fliessverhalten.
Allein bei LAPP sind rund 40’000 verschiedene Produkte im Portfolio. Dabei kommen in der Branche vor allem fünf verschiedene Kunststoffe zum Einsatz: PVC (Polyvinylchlorid) ist ein Allroundtalent, das gut mit Additiven modifizierbar ist und sich vor allem durch Flammwidrigkeit und Flexibilität auszeichnet. TPE (Thermoplastische Elastomere) sind sehr dehnfähig und medienbeständig. Polyamide kommen mit ihrer Temperaturbeständigkeit bei UL-Zertifizierungen und im Stecker-Bereich zum Einsatz und strahlenvernetztes Polyethylen (PE) bei Photovoltaik und Schienenfahrzeug-Produkten. Allein LAPP hat für diese vielen Produkte über 400 verschiedene Kunststoffcompounds freigegeben. Tatsächlich gibt es zahllose Varianten auf der Welt, je nach Einsatzgebiet.
Das Forschungsspektrum des IKT ist riesig. Ganz aktuell wird am mechanischen Recycling des Biokunststoffs PHB geforscht. Hier werden geeignete Additive im Doppelschneckenextruder hinzugefügt und reagieren mit dem PHB. In einem anderen Forschungsprojekt geht es um den steigenden Bedarf an Hochleistungskunststoffen, vor allem im Bereich der Elektromobilität. Hier werden zur Verbesserung der Medien-, Hydrolyse- und Temperaturbeständigkeit Stabilisatoren eingesetzt, die allerdings schwer recyclebar sind, ausserdem verschlechtert in der Praxis oft die Zugabe von Glasfasern die Alterungseigenschaften. Das IKT arbeitet an der Synthese eines neuartigen Stabilisators auf Basis hochpolymerer organischer Amine und der Entwicklung einer geschickten Aufbereitungsstrategie für die neuen Stabilisatoren.
Verarbeitung
Um eine Maschine, das Werkzeug oder den Verarbeitungsprozess effizienter zu machen, müssen sie in ihrem Zustand zunächst hinreichend genug beschrieben werden. Manchmal ist es erforderlich, hierfür geeignete Messmittel und -methoden erst zu erfinden. Um das Verhalten von Maschine und Werkzeug im Prozess vorhersagen zu können, wird am IKT an modellhaften und möglichst universell einsetzbaren mathematischen Beschreibungen des jeweiligen Prozesses geforscht, um diesen wirklichkeitsnah – und besser als in kommerziellen Simulationsprogrammen – vorhersagen zu können. Verarbeitungsverfahren und Kunststoffauswahl sind also wichtige Faktoren. Bei der Kabelherstellung verarbeitet man den Kunststoff meist mit der Extrusion. Hier ist eine eher hohe Viskosität gefordert. So wird beim IKT nicht nur an hochleistungsfähigen Einschneckenextrudern sondern auch an der Modifikation von Polymeren zu hohen Viskositäten hin geforscht.
Bei der Herstellung von Steckverbindern wird hingegen das Spritzgiessverfahren verwendet. Dafür sind exakte Kavitätsformen, eine eher niedrige Viskosität und besonders feine Strukturen nötig. Hierzu wird am IKT beispielsweise an der Materialeffizienz von wärmeleitfähigen Kunststoffen oder an der Messung der Fliesseigenschaften innerhalb der Maschine (Stichwort «Industrie 4.0») geforscht.
Produktentwicklung und Nachhaltigkeit
Ein Produkt aus Kunststoff kann leistungsfähiger gemacht werden, zum Beispiel indem es mehrere Funktionen zugleich erfüllt oder die bisher erfüllte Funktion bei anspruchsvolleren Randbedingungen. Hierzu müssen zunächst der Produktzustand bestimmt und gegebenenfalls an Messmitteln und -methoden geforscht werden. Mithilfe von Werkstoffgesetzen wird an der Vorhersagbarkeit des Produktverhaltens geforscht, besonders zur Lebensdauervorhersage unter verschiedenen Betriebszuständen. Mithilfe von Berechnungen wird das Bauteilverhalten simuliert und mit ausgewählten Versuchen validiert. Bei Kabeln geht es dabei um Fragen, welchen Umgebungsbedingungen es ausgesetzt ist. Öl- und UV-Beständigkeit oder wie viele Wechselbiegezyklen ein Kabel in einer Schleppkette schadlos übersteht.
Zum Autor
Prof. Dr.-Ing. Christian Bonten
Universität Stuttgart
Institut für Kunststofftechnik (IKT)
Pfaffenwaldring 32
D-70569 Stuttgart
T +49 (0)711 685 62801
www.ikt.uni-stuttgart.de
info@ikt.uni-stuttgart.de
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