Erste Schneidversuche erledigte der M-800iA mit Bravour und hoher Präzision.

Ausgabe 10 | 2020

Wenn rund nicht kreisrund ist

FANUC Switzerland GmbH

Laser sind für ihre präzisen Schnitte bekannt, sechsachsige Roboter bislang eher weniger. Mit dem «Laserroboter» M-800iA/60 kombiniert Fanuc nun höchste Präzision und Flexibilität.

Eine Kreisbahn unter Ø 20 mm abzufahren, ist für einen 6-Achs-Roboter eine Herausforderung, erst recht bei grösseren Traglasten. Kreise sind dann eher oval, das Spiel einer 6-Achs-Kinematik setzt bislang Grenzen. Aus der Bearbeitungstechnik kommt allerdings die Forderung, auch hochgenaue Bahnanwendungen flexibel zu automatisieren. Dazu ein Beispiel: Beim Beschnitt einer B-Säule von einem Fahrzeug kommt es nicht nur darauf an, den Laserkopf zehntelmillimeter-genau zu positionieren, sondern es ist auch Flexibilität gefragt. Wenn dann noch kleine, kreisrunde Löcher zu schneiden sind, bleiben praktisch wenig Alterna-
tiven. Also setzt man bislang 5-Achs-Laserschneidmaschinen ein.
Das soll und kann jetzt anders werden. Denn Versuche von Fanuc in Japan und nun auch in Neuhausen haben gezeigt, dass der neue Roboter M-800iA/60 durchaus in der Lage ist, mit Laserportalen mitzuhalten, wenn es um die Genauigkeit geht. Bastian Fritz, Technical Engineer Robotics bei FANUC, steckt den Einsatzbereich ab: «Unser neuer Roboter mit seiner 3D-Fähigkeit wird gegenüber 5-Achs-Lasermaschinen eine echte Alternative sein.» Denn der Roboter bringe alle Freiheitsgrade mit, habe einen grossen Arbeitsraum und sei kostenmässig günstiger.
Ob der Roboter dieselben Taktzeiten erreichen kann wie eine 5-Achs Portalmaschine muss im Einzelfall in einem Versuch ­ermittelt werden. Bastian Fritz: «Am Ende muss das Gesamtsystem betrachtet werden und da sehe ich Vorteile beim Roboter, nicht zuletzt aufgrund der flexi­blen Einsatzmöglichkeiten und des grossen Arbeitsraums.»

Gestochen scharf und einwandfreier Schnitt
Die erste Übung, die der M-800iA in Neuhausen absolvieren musste, war ein einfacher Dauerlauftest. Denn die Frage ist ja bei einer solchen Präzisionsmaschine: Wie verhält sie sich bei Betriebstemperatur? Bastian Fritz: «Aufgrund der Stahlkonstruktion ist die thermische Ausdehnung sehr gering. Da hat der Roboter eine gute Performance gezeigt.» Sie ist jedenfalls günstiger als bei einer Aluguss-Konstruktion. Die sehr symmetrische Konstruktion verhindert, dass sich der Roboter bei thermischer Belastung nicht unkontrolliert seitlich ausdehnt, sich also nicht verbiegt. Da es sich zudem nicht gerade um einen dynamischen Prozess handelt, lässt sich eine solche Ausdehnung rechnerisch vergleichsweise einfach korrigieren.
Aufgabe im Testcenter bei Fanuc in Neuhausen waren Schnitte unterschiedlicher geometrischer Formen wie Kreise oder Mehr­ecke. Erste Schneidversuche erfüllte der Roboter mit Bravour. Bastian Fritz kurz und knapp über die Ergebnisse: «Gestochen scharf. Einwandfreier Schnitt. Der Roboter hält, was er verspricht.» Aber: Ein Labor ist kein Technikum und noch lange keine Produktionshalle. Insofern ist man bei Fanuc gewohnt zurückhaltend, was die Ergebnisse in Zahlen betrifft. Kundenanforderungen aus der Praxis der Blechverarbeitung, die man zu Beginn der Versuche in Benchmarks zusammengefasst hat, wurden erfüllt.
Mechanische Grundvoraussetzung für die Präzisionsarbeit ist die enorme Steifigkeit des neuen Roboters. So wurden die Achsen 2 und 3 konstruktiv optimiert und an entscheidenden Stellen mit zusätzlichem Material verstärkt. Trotzdem bleibt die Silhouette des Roboters schlank. Da die Achse 1 aus der R-2000i Serie stammt, ist die Stellfläche auch gleich gross.

Was bisher geschah …
Ein Projekt mit einem vergleichbar präzisen Roboter hatte Fanuc auf der EMO 2013 mit dem M-900i/700 vorgestellt. Damals hiess es dazu: «Für Fanuc Roboter ist ‹High Accuracy› eine gern absolvierte Aufgabe – und dennoch gibt es Aufgaben, bei denen es noch ein bisschen genauer sein darf.» Für den Roboter hatte FANUC eine Kombination aus Sensorik und Software entwickelt, die den Roboter deutlich genauer als bis dahin arbeiten liess. Anlass war ein konkreter Bedarf aus der Luftfahrtindustrie, bei dem grosse Bauteile zu bearbeiten waren. Um jeden Arbeitspunkt entlang eines Flugzeugrumpfes oder eines Flügels zu erreichen, hatte man ­einen M-900iB/700 fit gemacht, dessen Aufgabe darin bestand, Bohrungen mit einer hohen absoluten Genauigkeit zu setzen. Dank dieser Technik erreicht der Roboter die Bohrpunkte sehr genau.
Der Unterschied zum neuen M-800iA/60 ist augenscheinlich. Der neue Roboter bringt nur wenig mehr auf die Waage als der M-900i an Traglast hat. Bastian Fritz: «Das ist ein ganz anderer Anwendungsbereich. Nur die eingesetzte Technologie ist vergleichbar.» Der M-800iA ist nicht nur wesentlich kleiner und kompakter, sondern auch deutlich schneller.
Als «Versuchsträger» der entwickelten Technologie und der Software iR Calibration Signature wäre mit 50 kg Traglast prinzipiell auch der bereits bewährte M-710iC/50 in Frage gekommen. Aber 10 kg mehr Traglast sind eben nicht zu verachten.
Die Reichweite des M-800iA/60 beträgt 2040 mm. Die Achsen sind so schnell, dass es im Datenblatt heisst: Möglicherweise wird die Maximalgeschwindigkeit (von 150 bis 400 °/s) bei kurzen Distanzen nicht erreicht. Die Wiederholgenauigkeit ist im ersten Handout mit ± 0,015 mm angegeben. Das ist schon ziemlich respektabel, aber noch kein Alleinstellungsmerkmal. Womit der Roboter richtig punktet, ist die Absolutgenauigkeit. Bastian Fritz: «Die Mechanik des Roboters in Kombination mit der Software iR Cali­bration Signature hat eine hohe Absolutgenauigkeit zur Folge.» Diese Software vermisst jedes Robotermodell auf seine Fehler hin und legt praktisch ein Kompensationsmodell über die Roboterkinematik. Damit arbeitet der Roboter deutlich genauer als ein Standardmodell. Beim M-800iA/ 60 gehört die iR Calibration Signature Technologie zur Standardausführung. Prinzipiell könnte man die Software auch bei anderen Robotern, also nicht nur beim Laserroboter, verwenden. Praktiker wissen allerdings, dass für einen optimalen Prozess auch alle anderen Mosaiksteine passen müssen.

Systemintegratoren
Der M-800iA ist für Laser-erfahrene Systemintegratoren eine Option, attraktive Schneidzellen zu konzipieren. «Europaweit, aber auch in Deutschland sehen wir eine zahlenmässig nicht besonders grosse, aber eine leistungsstarke Gruppe an Integratoren», sagt Bastian Fritz. Als Zielgruppe hat Fanuc jedoch auch Anlagenbauer im Visier, die Roboter zukaufen und über entsprechendes Know-how bei der Integration verfügen. Darüber hinaus steht Fanuc mit seinem breiten Spektrum an CO2- und Faserlasern von 0,5 bis 12 kW auch als Lieferant von Strahlquellen bereit. Zahlreiche Software-Optionen und Schnittstellen erleichtern die standardmässige Integration der Fanuc Roboter in Schneidzellen oder Anlagen ebenso wie die Integration von Strahlquellen. Bastian Fritz: «Vorbereitete Schnittstellen machen die Integration zu einer leichten Übung. Klar, dass wir zu den meisten gängigen Peripherie-Komponenten kompatibel sind.» Zur weiteren Entwicklung, was zusätzliche Schnittstellen betrifft, will sich Bastian Fritz noch nicht äussern. Man kann davon ausgehen, dass Schnittstellen – wie es bei Fanuc üblich ist – permanent an den Praxisbedarf angepasst werden.
Ob der M-800iA/60 in der von FFT und Fanuc entwickelten Laserzelle zum Einsatz kommen wird, ist offen. Unter dem Namen VarioCube war auf der vergangenen Euroblech eine variable Laserbearbeitungsmaschine zum Laserschweissen, Laserschneiden und Laserlöten vorgestellt worden. FFT hatte diese Ausbaustufe der Laserzelle zusammen mit Fanuc entwickelt und vor allem Jobshops als Kundengruppe angepeilt. Als Strahlquelle waren beziehungsweise sind im VarioCube die Faserlaser der FF-Serie von Fanuc und zwar von 500 W bis 6 kW Strahlleistung vorgesehen. Zum Konzept gehört es, je nach Anwendungsfall aus einer Reihe erprobter Komponenten die passende Laseroptik für Schweiss- oder Schneidanwendungen auszuwählen. Da diese Zelle im ersten Schritt für den Einsatz der Remote-technologie vorgesehen war, wäre jedoch ein Präzisionsroboter mit Kanonen auf Spatzen geschossen, weil beim VarioCube die Präzision nicht aus der Robotermechanik, sondern aus einem Remotekopf kommt. Bastian Fritz: «Die FFT-Zelle ist jedoch für ein breites Spektrum an Laseranwendungen ausgelegt und so wäre es einfach, den zunächst vorgesehenen M-710iA gegen einen M-800iA zu tauschen.» Dabei muss der M-800iA/60 nicht unbedingt einen Fanuc Laser tragen – auch wenn man das nicht nur in Neuhausen sehr begrüssen würde. Bastian Fritz: «Wir haben den Roboter im Bereich ‹hochgenaue Bahnapplikationen› platziert.» Eine Kombination mit anderen Lasern sei durchaus möglich. «Ausserdem haben wir Kernapplikationen definiert, für die sich der Roboter sehr gut einsetzen lässt.» Dazu gehören Wasserstrahlschneiden oder hochgenaue Bohraufgaben. Aufgrund seiner Steifigkeit werden auftretende Prozesskräfte gut bewältigt. Von daher sind durchaus auch Fräsaufgaben ein Arbeitsgebiet für den Fanuc-Roboter.

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