Bild 1: Die Dual-Loop-Architektur besteht aus drei integrierten Rückführkreisen.

Ausgabe 05 | 2021

Schwingungen und Getriebespiel goodbye

maxon motor ag

Lasten dynamisch, hochpräzise und schwingungsfrei positionieren trotz mechanischem Spiel und elastischen Komponenten? Das geht – mit einem intelligenten Systemansatz.

Die elektrisch angetriebene Bewegung von Lasten erfolgt meist mit einem System, welches die Positions- und Geschwindigkeitsinformation für die Regelung mit einem Encoder auf der Motorwelle ermittelt. Eine hohe Auflösung des Encoders und die präzise Erfassung der Motorwellenreaktion sind eine Voraussetzung für die dynamische Positionsregelung. Aus Anwendungssicht ist letztendlich aber die ­Präzision der abgangsseitigen Lastbewegung das Kriterium, welches sich auf die Qualität und Masshaltigkeit von produzierten Gütern auswirkt. Einen negativen Einfluss können dabei Getriebe, Spindeln und Antriebs­riemen haben. Das Getriebespiel kann je nach Bewegungsrichtung zu einer abgangsseitig unterschiedlichen Lastposition führen, und Elastizitäten können Verzögerungen und Schwingungen beim Bewegungsstart oder -stopp verursachen. Der erste Lösungsgedanke: den Encoder auf der Abgangswelle anstatt auf der Motorwelle montieren. Doch das führt nicht zum Erfolg, sondern zu einem noch schlechteren Systemverhalten.
Im Falle einer spielbehafteten oder elastischen Mechanik muss für eine dynamische, prä­zise Lastpositionierung ein Systemansatz mit der Regelung auf Basis von zwei Gebersystemen gewählt werden:
Ein Drehgeber, der als «Auxiliary-Encoder» bezeichnet wird, ist steif mit der Motorwelle verbunden. Dieser sollte bereits Bestandteil der Motorkombination sein. Ein weiterer Geber, der als «Main-Encoder» bezeichnet wird, ist abgangsseitig bei der bewegten Last angekoppelt.
Für die Signalverarbeitung dieser beiden Gebersysteme ist eine sogenannte «Dual-Loop»-Regelung notwendig. Die Positioniersteuerungen EPOS4 von maxon erweitern eine solche Dual-Loop-Regelung mit einem Filter zweiter Ordnung und einem «Gain Scheduler», um mechanischen Resonanzen und dem Getriebespiel entgegenzuwirken. Die Inbetriebnahme-Software «EPOS Studio» bietet als Hilfsmittel eine automatische Parameter-Ermittlung (= «Regulation Tuning») der komplexen Reglerstruktur sowie die Aufzeichnung der Übertragungsfunktion des Antriebs.

Reglerarchitektur
Die EPOS4 verwendet für die Dual-Loop-Regelung eine kaskadierte Reglerstruktur (Bild 1):
Der innerste Regelkreis ist eine feldorientierte (= FOC) Motorstromregelung basierend auf der Motorstrommessung als Feedbacksignal. Der zweite innere Regelkreis (Auxiliary Control) regelt die Motordrehzahl basierend auf dem Encoder an der Motorwelle. Der äussere Regelkreis (Main Control) regelt die Lastposi­tion basierend auf dem lastseitigen Gebersystem. Eine detailliertere Ansicht der EPOS4-Dual-Loop-Reglerstruktur ist in Bild 2 zu entnehmen.

Hauptregelkreis
Der Hauptregelkreis besteht aus einem proportionalen (P) Regler, einem «Gain Scheduler» und einem Filter zweiter Ordnung (= Main loop filter). Von einem Bahnplaner werden die Soll-­Position der Last sowie deren Soll-Geschwindigkeit und-Beschleunigung als Eingangsgrösse für den Hauptregelkreis vorgegeben. Als weitere Eingangsgrösse misst der Encoder an der Last deren aktuelle Ist-Position.

Gain Scheduler    
Der «Gain Scheduler» dient bei der EPOS4-Dual-Loop-Regelung zur Eliminierung von negativen Effekten durch das Getriebespiel. Der «Gain Scheduler» passt dazu die P-Verstärkung des Hauptregelkreises automatisch an. Falls der Schleppfehler, das heisst die Abweichung zwischen lastseitiger Soll- und Ist-Position, gross ist, wird eine hohe P-Verstärkung verwendet, die zu einer schnellen Reduzierung des Fehlers führt. Bei zunehmend kleinerem Schleppfehler wird auch die P-Verstärkung zurückgenommen, damit trotz Getriebespiel im Antrieb keine Schwingungen auftreten.

Hauptregelkreis-Filter(=Main loop filter)    
Falls zwischen Motor und Last durch Kupplungen, Riemen oder lange Spindeln eine gewisse Elastizität vorhanden ist, könnten bei auftretenden Resonanzfrequenzen sich verstärkende Schwingungen bis zur Instabilität der Regelung auftreten. Um dies zu vermeiden, verwendet die EPOS4-Dual-Loop-Regelung einen sogenannten Kerbfilter (= Notch filter) zweiter Ordnung. Dieser unterdrückt den Resonanzfrequenzbereich im Ausgangssignal des Hauptregelkreises und verhindert damit harmonische Schwingungen im Antriebsstrang.

Hilfsregelkreis
Der Hilfsregelkreis besteht aus einem proportional-integralen (PI) Regler mit Vorsteuerung (Feed Forward, FF) und einem Beobachter (= Observer), der die Motordrehzahl aus der Positionsinformation des motorseitigen Encoders und der Motorstrommessung abschätzt.

Autotuning-Verfahren
Um die Inbetriebnahme zu vereinfachen, bietet die «EPOS Studio»-Software von maxon ­einen integrierten «Autotuning»-Wizard, mit dem die Parameter der Dual-Loop-Regelung ermittelt und überprüft werden können. Das Autotuning-Verfahren besteht aus zwei vollautomatisch ausgeführten «Experimenten».
«Experiment 1» versetzt die Motorwelle in Schwingungen, welche zur Bestimmung des Trägheitsmoments und der Drehmomentkonstante sowie der Reibung im Motor verwendet werden. Basierend auf den identifizierten Daten werden die Parameter für den Hilfsregelkreis und den Beobachter berechnet.
«Experiment 2» wird zur Berechnung der Parameter für den Hauptregelkreis einschliesslich des Kerbfilters eingesetzt.     
Hierfür wird ein PRBS-Signal (= Pseudo-Random Binary Sequence) zur Anregung der Regelstrecke verwendet. Basierend auf den sich ergebenden Eingangs-/Ausgangsdaten wird die Übertragungsfunktion identifiziert und als Bode-Diagramm dargestellt (Bild 3).
Das Bode-Diagramm kann exportiert werden und hilft Regelungstechnikern bei der Systemanalyse zur Optimierung des mechanischen Designs oder manuellen Abstimmung der Regelung auf spezifische Anwendungsfälle.

Single-Loop- und Dual-Loop-Regelung im Vergleich
Die nebenstehenden Diagramme zeigen die Unterschiede des Führungsverhaltens und Schleppfehlers bei einem System mit Getriebespiel (Bild 4) und einem System mit elastischer Kupplung (Bild 5) im Falle einer Single-Loop-Regelung mit lastseitigem Encoder und einer automatisch getunten Dual-Loop-Regelung mit je einem Encoder auf der Motorwelle und der Last.
Die Dual-Loop-Regelung ist eine Möglichkeit, um Antriebssysteme präziser und effizienter zu machen. maxon bietet dafür nicht nur alle Komponenten, sondern viel Erfahrung in der Beratung – von der Idee über das Konzept bis in die Serie.

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